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Trotzalter

Trotzig, stur, starrsinnig. Kinder sind das meist, wenn sie entdecken, dass sie eine eigenständige Persönlichkeit sind, mit einem eigenständigen Willen. Meist passiert das zwischen dem zweiten und dem vierten Lebensjahr. Und bringt Eltern zuweilen zur Verzweiflung. Sie sind auf einmal nicht mehr die natürlichen Autoritäten, denen die Kinder vertrauensvoll folgen. Sie trauen ihnen nicht mehr uneingeschränkt alles zu. Und die knuddelige Kleine ist auf einmal so gar nicht mehr knuddelig, der niedliche Knirps so gar nicht mehr niedlich.

Das wiederholt sich dann, wenn die Kleinen endgültig groß werden, in der Pubertät.

Das muss so sein, sagen die Entwicklungspsychologen. Anders wird man nicht erwachsen. Aber es gibt sich auch wieder. Und die Eltern bekommen wieder den Platz, der ihnen zusteht. Frei nach Mark Twain: Als ich zwei war, wussten und konnten meine Eltern einfach alles. Als ich 15 war, wussten und konnten sie überhaupt nichts mehr. Und heute denke ich oft: Wären doch meine Eltern noch da, die wussten und konnten immer alles.

Trotzig, stur, starrsinnig sind Menschen oft ein Leben lang in ihrer Beziehung zu Gott. Und es gibt sich nicht, bis zum letzten Atemzug nicht. Klar, sie sind eigenständige Persönlichkeiten mit einem eigenständigen Willen. Gott hätte es sich bei der Schöpfung leichter machen können. Aber er wollte keine programmierten Geschöpfe, die dumpf einem himmlischen Algorithmus folgen. Er wollte lebendige, eigenständige Geschöpfe mit einem eigenen Kopf.

Aber er möchte schon auch, dass sie erwachsen werden. Nicht ein Leben lang im Trotzalter oder in der Pubertät festhängen.

Wie die Leute, von denen das Alte Testament erzählt, Gottes auserwählte Leute, die er mit einer besonderen Portion seiner fürsorglichen Liebe begleitet hat.

„Ihr trotzigen Herzen“ spricht er sie in der Losung von heute an. Weil sie immer wieder etwas anderes gewollt haben als ihr Gott. Weil sie seine Liebe immer wieder eingetauscht haben gegen die käufliche Liebe von machtlosen Göttern und Götzen. Weil sie lieber sich selbst vertraut haben als ihm.

Was macht man da? Kinder bleiben Kinder. Da wendet man sich nicht einfach so ab. Da fängt man immer wieder neu an. Menschliche Eltern sind so. Und Gott ist es auch. Im Kapitel, aus dem unser Vers entnommen worden ist, sagt er es ihnen unmissverständlich: Auch wenn ihr trotzig seid, auch wenn ihr mir und meinen Vorstellungen vom Leben nicht gerecht werdet, auch wenn ihr mir nichts zutraut - ich lasse euch nicht hängen, ich bleibe euch treu, ich helfe euch.

„Hört mir zu, ihr trotzigen Herzen, die ihr ferne seid von der Gerechtigkeit! Ich habe meine Gerechtigkeit nahe gebracht; sie ist nicht ferne.“ Oder, wie die Gute-Nachricht-Bibel übersetzt: „Hört her, ihr Starrsinnigen! Ihr habt alle Hoffnung aufgegeben, weil ihr weit und breit keine Hilfe seht. Aber von mir kommt eure Rettung, sie ist ganz nahe; meine Hilfe lässt nicht auf sich warten.«

Und Gott lässt den Worten Taten folgen. Das Ende aller Fremdherrschaft kommt. Die Zeit des Exils wird ein Ende haben.

Was er später noch viel eindrucksvoller toppt: Seine Hilfe bekommt buchstäblich Hand und Fuß, wird ein Mensch. Der Messias kommt, Christus, der Erlöser, der Retter von der Fremdherrschaft des Teufels und des Todes.

Auch wenn ihr nichts zu eurer Rettung beitragt, auch wenn ihr nicht einmal daran glaubt, dass ich euch retten könnte - ich tu‘s! Nicht nur einmal, sondern immer wieder.

Ich will das heute für mich hören. Auch wenn es dunkel ist in meiner Seele, auch wenn mir meine Schmerzen den Verstand rauben, auch wenn mich die Angst um meine Kinder schier verrückt macht, auch wenn ich kaum glauben kann, dass er für mich sorgt: Seine Hilfe ist ganz nah. Er ist ganz nah. Er hält mich.

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