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En Gedi: Erfrischung in tropischer Gluthitze


Es ist heiß. Hochsommerheiß. Wüstenheiß. Schwitzend und keuchend schleppen wir uns hügelan, das Salzmeer im Rücken, die judäische Wüste vor Augen. Aber die Erfrischung ist zum Greifen nah: En Gedi, eine Oase mit Wasser und Sträuchern und wilden Tieren. Ein Überlebensreservat in einer lebensfeindlichen Welt.


Endlich sind wir da. In En Gedi heißt wörtlich übersetzt „Böckchenquelle“. Und die findet man hier: Steinböcke Dazu Gazellen und Klippschliefer. Wir atmen auf und vergessen für einen Moment die Glutsonne, die auf uns niederbrennt. Aber nur für einen Moment. Denn dann geht es weiter bergauf. Und Schatten ist auch hier ein rares Gut.


Wir sind nicht die ersten, die hierher geflohen sind. Der junge David hat sich hierher mit seinen Leuten zurück gezogen. David, schon zum König gesalbt aber noch nicht eingesetzt, weil noch ein anderer auf dem Thron sitzt: Saul. Und der will nicht weichen. Vielmehr versucht er David aus dem Weg zu schaffen, um an der Macht bleiben zu können. Hier in En Gedi treffen sie aufeinander. David versteckt sich vor den Soldaten Sauls in einer Höhle. Er will keinen Showdown. Er wartet auf die richtige, die gottgegebene Zeit. Aber genau diese Höhle nun benutzt Saul als Nottoilette. Ist das der Moment? David könnte ihn umbringen. Aber er kann nicht und will nicht. „Der HERR bewahre mich davor, meinem Gebieter, dem Gesalbten des HERRN, so etwas anzutun und Hand an ihn zu legen; denn er ist der Gesalbte des HERRN.“ (1. Samuel 24)


David - vielleicht hat er hier auch seinen berühmten Psalm 23 gedichtet. Oder sich zumindest von diesem Ort inspirieren lassen. „Der HERR ist mein Hirt, nichts wird mir fehlen. Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Meine Lebenskraft bringt er zurück. Er führt mich auf Pfaden der Gerechtigkeit, getreu seinem Namen. Auch wenn ich gehe im finsteren Tal, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab, sie trösten mich. Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde. Du hast mein Haupt mit Öl gesalbt, übervoll ist mein Becher. Ja, Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang und heimkehren werde ich ins Haus des HERRN für lange Zeiten.“


Wir klettern weiter bergauf. Der Weg wird immer schweißtreibender. Unser Ziel liegt am Ende der grünen Oasenschlucht: Der Wasserfall Schulamit. Der Bach am Rand unseres holprigen Bergpfads weist uns den Weg. Endlich sind wir da. Und nicht allein. Eine jüdische Großfamilie tummelt sich schon im Wasser. Und eine spritzende und kreischende Schulklasse. Es ist auch beinahe zu schön um wahr zu sein: Frisches Quellwasser mitten in der staubtrockenen Wüste, kühle Erfrischung in tropischer Gluthitze. Auch wir steigen vorsichtig ins Wasser. Mancher wagt sich sogar unter den stürzenden Wasserfall. Die Klamotten behalten wir an. Sogar die Bergsandalen. Ein Glücksgefühl, das sich kaum in Worte fassen lässt, schießt in Körper und Seele und Herz. Der „Ruheplatz am Wasser“ wird unser Wellnesstraum im Wasser. Wir spüren sie mit allen Sinnen, die „Güte und Huld“ unseres himmlischen Hirten. Manche beginnen zu singen. Loblieder. Und wir alle ahnen: Nur wer zuvor ordentlich geschwitzt und geschnauft hat, kann dieses Glück so richtig genießen.


Nach ein paar Minuten klettern die ersten wieder aus dem Wasser. „Ihr müsst euch nicht umziehen!“ ruft unser Reiseleiter. „Die Klamotten trocknen am Leib. Schneller als euch liebt ist.“ Und tatsächlich: Nach ein paar Minuten sind die nassen T-Shirts und Hosen nur noch Erinnerung.


En Gedi, ein kleines Paradies in einer lebenvernichtenden Gegend, in der sogar das Meer tot ist. Wir sind für ein paar Stunden wieder diesseits von Eden.


Schon immer hat diese Oase Menschen angezogen. Archäologen haben ein Heiligtum ausgegraben, das sie ins Jahr 3150 vor Christus datieren. Lange, sehr lange, bevor Abraham und Sara und Lot ihren Fuß in dieses Land gesetzt haben.


Heute wird das Gebiet, das zum Nationalpark avanciert ist, von den Mitgliedern eines Kibbuz bewirtschaftet und ist ein beliebter Anziehungspunkt für Touristen und Pilger aus aller Welt.

An den Strand des Toten Meeres allerdings kann man von hier aus nicht mehr wandern. Zu tief abgesunken ist der Meeresspiegel und hat dabei tiefe einsturzgefährdete Hohlräume hinterlassen. Das Paradies ist gefährdet. Wie jedes irdische Paradies. Aber eine alte Prophetie des Propheten Hesekiel gibt Hoffnung gegen allen Augenschein. Da fließt ein Fluss vom Tempel in Jerusalem bis hier hinunter an das Tote Meer. „Diese Wasser strömen in die Araba hinab und münden in das Meer. Sobald sie aber in das Meer gelangt sind, werden die Wasser gesund. Wohin der Fluss gelangt, da werden alle Lebewesen, alles, was sich regt, leben können und sehr viele Fische wird es geben. Weil dieses Wasser dort hinkommt, werden sie gesund; wohin der Fluss kommt, dort bleibt alles am Leben. Von En-Gedi bis En-Eglajim werden Fischer an ihm stehen und ihre Netze zum Trocknen ausbreiten. Alle Arten von Fischen wird es geben, so zahlreich wie die Fische im großen Meer. Seine Lachen und seine Tümpel aber sollen nicht gesund werden; sie sind für die Salzgewinnung bestimmt. An beiden Ufern des Flusses wachsen alle Arten von Obstbäumen. Ihr Laub wird nicht welken und sie werden nie ohne Frucht sein. Jeden Monat tragen sie frische Früchte; denn ihre Wasser kommen aus dem Heiligtum. Die Früchte werden als Speise und die Blätter als Heilmittel dienen.“ (Aus Hesekiel 47)


En Gedi, einer meiner Lieblingsplätze in diesem wunderbaren Land.


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