Für Froh- und Unfrohnaturen
- Jürgen Werth
- vor 2 Tagen
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Fröhlich sein - manchem ist das geradezu in die Wiege gelegt. Er erwacht mit einem Lächeln auf den Lippen. Er steht auf und pfeift ein beschwingtes Lied. Die Nacht war gut und der neue Tag wird es auch sein. Kein Sonnenschein heute - egal. Schlechtes Wetter ist nur, wenn man falsch gekleidet ist. Probleme sind da, um gemeistert zu werden. Eine Frohnatur eben.
Fröhlich sein - mancher empfindet das als Zumutung. Die Nacht war schlecht, der Tag verspricht auch nur wenig Gutes. Der Kopf drückt, die Seele ist in Moll gestimmt. Ein kleines Lied am Morgen - undenkbar. Die Stimmung hebt sich erst nach zwei Tassen Kaffee. Auf die Frage der Kollegen, wie’s denn so geht, brummt er: „Muss.“ Eine Unfrohnatur eben.
Wir Menschen sind verschieden. Und das hat zunächst einmal so gar nichts mit unserem Glauben zu tun. Paul Deitenbeck, Pfarrer aus Lüdenscheid, sagte zuweilen: „Man muss unterscheiden zwischen Seelenlage und Glaubensstand.“ Mancher hat eine leichte Seele geschenkt bekommen, mancher eine schwere. Manchem geht das meiste im Leben leicht von der Hand, mancher tut sich schwer bei allem.
Das ist bei uns Normalos so, das ist und war auch auch bei den frommen Promis so. Matthias Claudius zum Beispiel war eine offensichtliche Frohnatur. Sören Kierkegaard, Reinhold Schneider, Jochen Klepper hingegen kämpften ein Leben lang mit Schwermut.
Ist dieses Bibelwwort nur eins für Frohnaturen? „Fröhlich lass sein in dir, die deinen Namen lieben! (Psalm 5, 12). Wenn wir den ganzen Psalm 5 lesen, begegnen wir einem eher schwerblütigen Menschen. Einem, der seufzt und schreit. Der sich mit Lügnern herumschlägt, mit echten Feinden sogar. Der Psalm ist von David, und der war zeitlebens eher einer, der das Leben nicht gerade leicht nahm. Dem sollten darum auch die eher in Moll gestimmten Menschen zuhören, wenn er am Ende seines Psalms betet: „Fröhlich lass sein in dir, die deinen Namen lieben!“
Jeder darf fröhlich sein. Aber nicht, weil das eben seiner Natur entspricht. Nicht, weil die Sonne scheint, nicht, weil das Leben einfach Spaß macht - sondern - er darf fröhlich sein in Gott. Fröhlich, weil da einer ist, der uns nicht hängen lässt. Fröhlich, weil er uns beschirmt und beschützt. Fröhlich, weil er uns unendlich liebt. Fröhlich, weil er auf uns achtet, fröhlich, weil er uns ans Ziel bringt.
Vielleicht staunen die Schwermütigen über solch einen Vers noch mehr als die immer Gutgelaunten. Die Freude, die unser Leben trägt, ist kein Resultat wunderbarer und erfreulicher Lebensumstände. Denn diese Freude ist gefährdet, sie kann auch den positiv Gestimmten irgendwann abhanden kommen. Die Freude, die uns trägt, die uns durchträgt, ist begründet in Gott.
Auf diesen Gott wollen wir uns immer wieder neu besinnen. Am Morgen jeden Tages und an jedem Mittag. Am Abend und in jeder Nacht. Vielleicht haben es hier die Unfrohnaturen sogar ein bisschen leichter als die Frohnaturen. Denn ihre Sehnsucht nach dieser Freude ist eher größer. Sie sehnen sich umso mehr nach dieser himmlischen Freude, je dunkler ihnen ihre irdische Existenz erscheint.
Der katholische Theologe Romano Guardini sagt es in seinem kleinen Buch „Vom Sinn der Schwermut“ so: „Schwermut ist Sehnsucht nach dem Himmel.“ So kann man auch eine eher in Moll gestimmte Seele nicht als Last, sondern als Geschenk betrachten.
„Fröhlich lass sein in dir, die deinen Namen lieben!“ Ja, denn sie haben allen Grund, fröhlich zu sein. Selbst mitten in den Traurigkeiten des Lebens.
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