Friedensinseln
- Jürgen Werth
- vor 2 Tagen
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Die Losungen der Herrnhuter Brüdergemeine werden in vielen Ländern der Welt gelesen. Wie mag das Wort vom 29. Mai wohl in der Ukraine klingen? In Israel, im Gazastreifen, in Syrien, im Sudan?
„Der Herr spricht: Ich will Frieden geben in eurem Lande, dass ihr schlaft und euch niemand aufschrecke.“
Das Wort ist alt, zugegeben. Sehr alt sogar. Und es ist auch zunächst einmal gar kein Wort für uns Heutige, sondern für ein Volk, das gerade erst dabei ist, ein Volk zu werden. Und das noch überhaupt kein eigenes Land hat. Das unterwegs ist in der Wüste. Geflohen aus jahrzehntelanger Sklaverei in Ägypten. Geflohen, oder besser noch: befreit. Von Gott. Und der ist jetzt mit diesem Volk unterwegs. Tag für Tag. Jahr für Jahr. Das Ziel: ein neues Land, ein Land der Freiheit und des Friedens - das sprichwörtliche „Gelobte Land“. Gott selbst hat es für den bunten wilden Haufe ausgesucht, der noch unterwegs ist in der Wüste. Alles wird gut sein. Wenn - und dieses „wenn“ betont Gott immer wieder, wenn dieser bunte wilde Haufe bei ihm, seinem Gott bleibt, wenn er ihn liebt von ganzem Herzen und nach allen Kräften, wenn er sich an seine Gebote hält, nämlich die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten.
Irgendwann ist die Reise zu Ende gewesen. Irgendwann ist der Haufe, der längst zu einem Volk geworden war, in dieses Gelobte Land eingezogen. Aber ein wirklich friedliches Land war es nur in kurzen, schnell vorübergehenden Epochen. Weil das Volk das „Wenn“ Gottes immer wieder vergessen hat. Darum gab es viel Krieg und wenig Frieden, darum immer wieder Fremdbestimmung statt Selbstbestimmung, Unterdrückung statt Freiheit.
Aus der Traum?
Nein, denn diese Zusage steht. Gott hat sie nie zurück genommen. Im Gegenteil. Er hat sie ausgeweitet auf alle, die an seinen Sohn Jesus glauben und so Bürger eines Landes geworden sind, das nicht von dieser Welt ist und das darum „Reich Gottes“ heißt. Einem Reich, das vom Himmel her regiert wird. Das neue Gelobte Land.
Heute feiern wir ja Christi Himmelfahrt, und dieser Tag erinnert uns daran, dass Jesus nach Tod und Auferstehung aufgefahren ist in den Himmel, in Gottes für uns unsichtbare Welt also, und dass er zur Rechten Gottes sitzt und regiert. Es gilt heute erst recht:
„Ich will Frieden geben in eurem Lande, dass ihr schlaft und euch niemand aufschrecke.“
Frieden und Zufriedenheit und Gottvertrauen und Nächstenliebe, Freiheit und Gerechtigkeit.
Ihr müsst euch nur an mich halten. Ihr müsst mich nur immer wieder hinein bitten in euer Herz, in eure Gedanken und Gefühle und in eure Beziehungen. In euren Umgang mit der Schöpfung, in euren Umgang mit anderen. Wie ihr miteinander sprecht und vor allem auch wie ihr übereinander sprecht. Lasst mich in eure Sonntage und in die Werktage, in eure Büros und in eure Kinderzimmer, in die Küchen und in die Kirchen. Ich will Frieden geben. Wo ihr seid, will ich sein. Überall da entstehen dann kleine Friedensinseln. Überall da kommt ein kleines Stück des Gelobten Landes auf die Erde.
Selbst im Krieg. Sogar in der Ukraine, in Israel, im Gazastreifen, in Syrien, im Sudan. Jede Christin, jeder Christ kann eine kleine Friedensinsel sein. Eine Insel der Liebe, vielleicht sogar der Feindesliebe, eine Insel der Zuwendung und des Erbarmens
„Ich will Frieden geben in eurem Lande“, sagt Gott. Heute noch. Ich in euch und durrch euch.
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