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Geborgen und frei

Wir wollen dazu gehören. Wir müssen dazu gehören. Allein geht man ein. Dazu gehören. Irgendwo dazu. Zu einem Volk, zu einer Familie, zu einer Gemeinde, zu einem Verein. Ja, wenigstens zu einem Verein. Schalke oder Bayern oder Austria oder Young Boys. Oder Effzeh. Wie ich seit gefühlten hundert Jahren. “Mir stonn zu dir, FC Kölle!“ Und im Stadion tauchst du ein in die Gemeinschaft zehntausender Gleichgesinnter.

Wer dazu gehört zeigt denselben Ausweis, spricht dieselbe Sprache, singt dieselben Lieder, trägt dieselben Klamotten.

Wenigstens zeitweise. Denn immer nur dazu gehören wollen viele von uns dann doch nicht. Ich zum Beispiel. Eintauchen tut gut. Aber dann will, dann muss ich wieder auftauchen. Ich bin ja doch nicht nur ein Teil irgendeiner Masse. Ich bin ich. Unabhängig. Frei.

So streiten sie sich zuweilen, diese beiden Grundbedürfnisse von uns Menschen: Das Bedürfnis nach dem Dazugehören, nach Geborgenheit also, und das Bedürfnis nach Unabhängigkeit, nach Freiheit.

Beide Bedürfnisse kommen von Gott, von unserem Schöpfer. Er hat sie hineingelegt in seine Menschen. Freilich in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen. Der eine braucht mehr Geborgenheit, der andere mehr Freiheit.

Gott kennt sie also, diese Bedürfnisse. Und er achtet sie.

In Psalm 33 steht der Satz: „Wohl dem Volk, dessen Gott der HERR ist, dem Volk, das er zum Erbe erwählt hat!“ Oder, in der Übersetzung der Gute-Nachricht-Bibel: „Glücklich das Volk, das den Herrn zum Gott hat, das er erwählt hat als sein Eigentum.“ Noch anders gesagt: Glücklich die, die wissen, dass sie Gott gehören und dass sie zusammen gehören! Sie stehen miteinander vor ihrem Gott. Miteinander sind sie ihm verantwortlich

Direkt nach diesem Bekenntnis dann steht das andere in diesem Psalm: „Der Herr beobachtet alle, die auf der Erde leben. Er hat ihnen Verstand und Willen gegeben und weiß alles, was sie tun und treiben.“ Oder, um bei unserem Gedanken zu bleiben: Jeder in diesem Volk ist ein eigenständiges Wesen, mit eigenständigen Gedanken und Wünschen und steht allein vor seinem Gott. Allein ist er seinem Gott verantwortlich.

Das ist durchaus spannungsvoll. Aber ohne Spannung gibt es keine Energie, keine Lebenskraft, keinen Glaubensmut. Ich bin ich und mir san mir. Gott liebt mich höchstpersönlich. Spricht mich immer wieder höchstpersönlich an. Hat mich höchstpersönlich erwählt. Geht einen höchstpersönlichen Weg mit mir. Und er möchte, dass ich mich höchstpersönlich an das halte, was er gut und richtig findet. Aber er hat mich auch in seine Familie berufen. Da sind die anderen, die er genauso höchstpersönlich liebt und anspricht, mit denen er einen höchstpersönlichen Weg geht. Er ist mein Vater, aber er ist auch unser Vater. Er liebt mich ganz allein, aber liebt uns auch gemeinsam als seine wertgeschätzte Familie, die er erwählt hat als sein Erbteil, als sein Eigentum. Wir gehören zu ihm und gehören deswegen auch zueinander.

Und das ist gut so.

Huldrych Zwingli soll einmal gesagt haben, dass es mehrere braucht, um intelligent zu sein. Es braucht wohl auch mehrere um auf dem richtigen Weg zu bleiben, um nicht kraftlos und mutlos und glaubenslos zu werden. Es braucht vor allem mehrere um seine Liebe und Barmherzigkeit in dieser Welt zu leben. Mehr noch: Um sein Leib in dieser Welt zu sein. Seine Gestalt. Seine Repräsentanz. Etwas zu sein zum Lob seiner Herrlichkeit. Niemand kann das allein. Niemand muss das allein.

Glücklich sind wir, weil wir seine Leute sind. Seine Familie. Lauter Individualisten. Aber niemals allein gelassen sondern immer miteinander für denselben Gott unterwegs und tätig sind in dieser Welt. Geborgen und frei.

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