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"Sie wissen nicht, dass Ihr Erlöser lebt!"

Die Anekdote ist berühmt.

Georg Friedrich Händel, der Komponist des Oratoriums „Messias“, steht - irgendwann in der Mitte des 18. Jahrhunderts - bei einer Probe selbst am Dirigentenpult. Die Sopranistin singt gerade die berühmte Arie: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt und dass er am jüngsten Tage auf der Erde stehen wird; und wenn auch Würmer diesen Körper zerstören, werde ich in meinem Fleische Gott sehen.“ Verse aus dem alttestamentlichen Buch Hiob sind das. Als Händel plötzlich den Vortrag abklopft und zur Bühne ruft: „Gnädige Frau, Sie haben eine wunderbare Stimme. Aber Sie wissen nicht, das Ihr Erlöser lebt.“

Kann man das hören, ob’s einer weiß oder nicht? Kann man’s spüren? Konnte man’s damals? Kann man’s heute? Bei mir? Bei Ihnen?

Und: Was ist das überhaupt, ein Erlöser.

Fangen wir mal bei dem Buch an, in dem dieser Vers steht: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“ Er ist ja die Losung für den heutigen Tag. Mitten im Buch Hiob steht er. Diesem dunklen und schweren und in manchen Passagen beinahe unerträglichen Buch. Sie erinnern sich: Gott hat dem Satan gestattet, den frommen Hiob auf die Probe zu stellen. Wird er auch dann an seinem Glauben festhalten, wenn alles schiefgeht in seinem Leben? Wenn ihm Menschen und Mittel, Wohlstand und Wohlergehen genommen werden? Wir wissen heute: Am Ende wird alles gut. Doch als Hiob diesen Satz sagt, als er ihn geradezu trotzig einem seiner ratlosen Berater entgegenhält, weiß er es noch nicht: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!“ Und er wird ertragen müssen, dass ihn dieser Erlöser noch ziemlich lange gänzlich unerlöst in seinem Elend schmoren lässt.

Der Erlöser - der hebräische Begriff dafür, der hier im Alten Testament steht, meint den Aus-löser. Den also, der den verpfändeten Besitz eines Verwandten freikaufen kann. Der auch die Witwe eines verstorbenen Verwandten aus der Witwenschaft aus-lösen kann. So wie Boas das einst bei Ruth getan hatte. Das griechisch geschriebene Neue Testament denkt an etwas Ähnliches. Nämlich an einen, der einen Sklaven auslöst. Also freikauft.

„Ich weiß, dass mein Auslöser lebt.“ Also der, der alles wieder zurück holen kann, was ich verloren habe. Der mich wieder zurück holen kann ins Leben. Der mich auslösen kann aus der Sklaverei des Satans.

All diese Begriffe und Sachverhalte sind uns heute eher fremd. Wir kennen eher das: Da schießt einer in der Nachspielzeit das erlösende Tor. Und das verloren geglaubte Spiel geht doch noch gut aus. Da verkündet der Arzt die erlösende Nachricht, dass der Tumor gutartig ist und problemlos entfernt werden kann. Ein Erlöser ist bei uns einer, der die Sorgen vertreibt, der entlastet und befreit.

Christen denken beim Wort Erlöser natürlich sofort an Jesus Christus, den Erlöser. Ungezählte Kirchen heißen darum Erlöserkirche, zum Beispiel die berühmte evangelische Kirche in der Altstadt von Jerusalem. Die liegt nur einen Steinwurf von einer anderen Kirche entfernt, der Grabeskirche. Der Kreuzigungskirche. Der Auferstehungskirche. Wo Golgatha liegt. Und das leere Grab gezeigt wird. Der Name „Erlöserkirche“ passt zu dieser Kirche diesem Ort. Denn genau das glauben Christen, wenn sie von Erlösung sprechen: Christus ist gestorben und auferstanden. Er hat uns freigekauft, ausgelöst, von der Schuld erlöst, die uns von Gott trennt. Und er erlöst uns von der Macht des Todes. „Christus lebt, mit ihm auch ich.“

Wenn Christen sagen: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt!“, dann meinen sie Christus.

So wie Händel genau diesen Christus gemeint hat, als er die Musik zum Messias komponiert hat. Denn dieser Messias war für ihn kein anderer als der gekreuzigte und auferstandene Christus.

„Sie wissen nicht, das Ihr Erlöser lebt!“ Weiß ich’s? Wissen Sie’s? Kann man es hören bei dem was wir sagen? Kann man’s ablesen daran, wie wir leben? Entscheidend ist wohl das: Dass ich weiß, er lebt nicht nur irgendwie und irgendwo, so allgemein und überhaupt. Nein, er lebt in mir! Ich will darum beten: „Herr, komm in mir wohnen!“

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