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Aufregung bei Zimmermanns

Aufregung in der Familie Zimmermann. Mit vielen hundert anderen sind sie unterwegs. Wandern herunter von den Bergen Jerusalems ins heimatliche Galiläa. Eine Dreitagereise zu Fuß. Das Passafest haben sie gefeiert. Das große Erinnerungsfest an die wundersame Befreiuung aus ägyptischer Sklaverei. Großartig ist es gewesen. Bewegend. Erhebend. Kraftspendend für ein weiteres Jahr Alltag in Küche und Werkstatt im fernen Nazareth.

Aber nun ist ihr Sohn verschwunden. Und nirgends zu finden. Wen auch immer sie fragen - niemand hat ihn gesehen. „Jeshua!“ Immer wieder rufen Josef und Maria seinen Namen. „Jesus!“ Aber keiner antwortet.

Zum ersten Mal haben sie ihn mitgenommen. Weil er 12 geworden ist. Sie haben wohl seine Konfirmation in Jerusalem gefeiert, seine Bar Mitzwah. Er ist nun volljährig. Gewissermaßen. Religiös volljährig zumindestens. Darf im Gottesdienst aus der Thora vorlesen wie die Großen, aus den Büchern des Gesetzes also. Darf mitbeten beim Gebet der Männer.

Aber nun ist er verschwunden.

Einen ganzen Tag schon sind sie gewandert. Doch nun müssen sie zurück. Hilft alles nichts. Hinauf nach Jerusalem. Wieder hinauf. Aber nicht in Festtagsstimmung wie vor ein paar Tagen, sondern in Panik.

Auch in Jerusalem geht die Suche weiter. „Habt ihr einen Jungen gesehen? 12 Jahre alt? Ungefähr so groß?“

Drei lange Tage dauert die Suche. Als sie ihn plötzlich entdecken. Im Tempel. Bei den Erwachsenen. Bei den Rabbinern und Schriftgelehrten. Er fragt sie und sie fragen ihn. Und sind erstaunt über seine Fragen und noch mehr über seine Antworten. Dabei ist der Junge doch erst 12!

Maria ruft ihn heraus, schüttelt ihn, macht ihm Vorwürfe. Ist erschüttert und gleichzeitig heilfroh, dass sie ihn wieder hat.

Und erfährt doch - vielleicht zum ersten Mal - dass sie ihn nicht mehr hat. Dass sie ihn vielleicht noch nie gehabt hat. Dass sie ihn schon bald gar nicht mehr haben wird. Er ist ihr Sohn, ja. Aber hier erfährt sie schmerzhaft, dass er ihr nicht gehört. Dass er woanders hingehört als in die Werkstatt von Josef.

„Wieso habt ihr mich überhaupt gesucht?“ fragt Jesus erstaunt. „Ich muss doch da sein, wo mein Vater ist. Und der ist vor allem hier. Im Tempel. Da, wo Menschen nach ihm fragen und auf seine Worte hören.“

Und Maria versteht - nichts. Wie sollte sie auch! Ob Josef mehr verstanden hat? Josef, sozusagen der Adoptivvater des Gottessohns? Lukas, der uns diese Episode berichtet, erzählt nichts davon. Aber er berichtet, dass Jesus dann doch mit zurück geht nach Nazareth und ein gehorsamer Sohn ist.

Sohn Gottes, Sohn der Menschen. Wahrer Gott, wahrer Mensch. In dieser Geschichte wird zum ersten Mal augenscheinlich, dass Jesus in dieser Welt immer beides ist.

Wobei es uns nicht viel besser geht als Maria - wirklich zu verstehen ist das nicht. Es ist und bleibt ein Geheimnis des Glaubens.

Ein Geheimnis aber, in dem eine ungeheure Kraft liegt.

Wäre Jesus nur ein Mensch gewesen - wir könnten uns an ihm orientieren, seine Aussprüche meditieren, sein Leben imitieren - aber er könnte uns nicht in den Himmel hinüberretten. Er wäre ja nur einer wie wir.

Wäre er hingegen nur ein Gott gewesen - wir könnten uns nie und nimmer verstanden fühlen von ihm. Was weiß ein Gott schon, wie es seinen Menschen geht! Er hätte kaum Angst spüren können, Schmerzen schon gar nicht. Er hätte drüber gestanden. Und wäre uns in alle Ewigkeit fremd geblieben.

Aber Jesus ist beides. Zum Glück. Zu unserem Glück. Der Mensch, der wie ein Mensch leben und denken und handeln kann. Und der Gott, der wie nur Gott selbst helfen und heilen und lieben und retten kann.

Das ist nicht zu verstehen. Nicht wirklich. Aber wir können’s machen wie Maria. Von ihr heißt es am Ende dieser kleinen Geschichte. Sie „behielt alle diese Worte in ihrem Herzen.“ Seine Worte und - ihn! Den Menschen. Den Gott.

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